Rotmilan

 

Zum Vogel des Jahres wurde der Rotmilan, einer der beeindruckendsten Greifvögel unserer Kulturlandschaft ernannt.

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Schwebt ein Rotmilan hoch über uns in der Luft, so kann sich kaum jemand seiner eleganten Faszination entziehen. Wegen des tief gegabelten Stoßes wurde er früher auch Gabelweihe genannt. Doch gehören Milane nicht zu den Weihen, sie sind näher mit den Seeadlern verwandt.

Von über 400 Vogelarten, die in Europa regelmäßig brüten, sind nur neun ganz oder größtenteils auf unseren Kontinent beschränkt. Von diesen neun Arten, kommen nur zwei Arten auch in Deutschland vor - der Zitronengirlitz und der Rotmilan. Vom Rotmilan aber leben in Deutschland über 60% des gesamten Weltbestandes, das sind ca. 9.000 - 12.000 Brutpaare. Daraus ergibt sich eine sehr hohe Verantwortung, die wir für diese Art haben! Der LBV und der Naturschutzbund Deutschland (NABU) wollen mit der Wahl des Rotmilans auf diese Verantwortung aufmerksam machen.

Das Hauptbrutareal des Rotmilans erstreckt sich von Nordwestafrika und der Iberischen Halbinsel über Süd- und Mitteleuropa bis nach Südschweden und in die westlichen Randgebiete des europäischen Rußlands. In Bayern ist er i.w. auf die westliche Hälfte des Landes beschränkt.

Somit hat der Rotmilan im Gegensatz zum Schwarzmilan, der als die häufigste Greifvogelart der Welt angesehen wird und auch in großen Bereichen von Asien, Afrika und Australien vorkommt, ein vergleichsweise sehr kleines Brutareal.


Bestandsentwicklung
Bei der Bestandsentwicklung des Rotmilans ergibt sich in jüngster Zeit ein unheitliches Bild: Vor allem in Westeuropa kann man durch Schutzbestimmungen wachsende Bestände und Wiedereinwanderungen in Gebiete beobachten, in denen der Rotmilan ehemals ausgerottet war. Auch in Südschweden, Dä nemark, Österreich und der Schweiz nehmen die Bestände erfreulicherweise zu.

Demgegenüber nehmen sie in den ost- und südeuropäischen Ländern, bedingt durch hohen Pestizideinsatz, aber auch durch die illegale Jagd teilweise dramatisch ab. Aber auch in den neuen Bundesländern nahm die Anzahl der Brutpaare nach der Wende durch Änderungen in der landwirtschaftlichen Anbauweise bedrohlich ab, da der Rotmilan einen großen Teil seiner Hauptjagdgebiete dadurch verlor, daß sowohl die Anbaufläche für Feldfutterpflanzen, wiez. B. Luzerne als auch die Weideflächen von Rindern stark abnahmen.


Der Lebensraum
Der Rotmilan ist ein Bewohner der Kulturlandschaft. Er liebt reichgegliederte Landschaften, in denen bewaldete und freie Flächen abwechseln. Seinen Brutplatz sucht er gerne in der Nähe größerer Gewässer. Den Horst baut er jedoch fast ausschließlich im Wald, wobei er lichte Altholzbestände bevorzugt, die in der Nähe des Waldrandes oder von Lichtungen liegen. Große, geschlossene Waldgebiete meidet er.

Sein Jagdgebiet umfaßt freie, landwirtschaftlich genutzte Flächen und fischreiche Gewässer, aber auch Ortschaften mit Mülldeponien sowie Landstraßen. Dabei entfernt sich der Rotmilan bis zu 10 km von seinem Horst. Besonders ergiebig sind für den Rotmilan bewirtschaftete Wiesen - sie bieten ihm immer reiche Beute, zumal nach der Mahd.


Der Nahrungserwerb
Die Jagd betreibt der Rotmilan im Gegensatz zum Mäusebussard, der von einem Ansitz aus jagt, ausschließlich aus dem charakteristischen Suchflug über offene Flächen der Kulturlandschaft, indem er täglich ein sehr großes Gebiet in relativ geringer Höhe im Gleit- und Segelflug absucht. Sobald er eine Beute erspäht hat, nimmt er diese meist im Darüberfliegen blitzschnell zugreifend mit, ohne sich niederzulassen. Auf diese Weise erbeutet er neben kleinen bis mittelgroßen Vögeln und Fischen vor allem Kleinsäuger. Gerne nimmt der Rotmilan auch Aas (Verkehrsopfer, angeschwemmte Tiere, Schlachtabfälle) oder jagt anderen Greifvögeln als Beuteschmarotzer im Flug die Beute ab. Oft kann man ihn auch auf Müllhalden auf der Suche nach Fleischabfällen beobachten. Generell ist der Speiseplan des Rotmilans sehr vielseitig und hängt von den örtlichen Gegebenheiten ab.


Der Rotmilan – ein Zugvogel
Im Herbst zieht es den Rotmilan meist Richtung Südwesten. Seine üblichen Winterquartiere liegen in Spanien, Portugal und Frankreich, vereinzelt auch in Nordafrika. Seit einigen Jahrzehnten überwintern jedoch immer mehr Rotmilane in unseren Breiten. Dabei vereinigen sich die Milane der Gegend allabendlich zu Schlafgesellschaften, während sie tagsüber weit umherstreifen und sich bis zu 20 km von ihrem Schlafplatz entfernen.


Gefährdung
Da der Rotmilan zum Jagen freie Flächen benötigt, ist sein Vorkommen eng mit der jeweiligen Landnutzung verknüpft. So nahm der Rotmilanbestand vor allem in den neuen Bundesländern, wo mehr als 2/3 der Rotmilane Deutschlands leben, seit 1991 stark ab. Dieser Rückgang hängt damit zusammen, daß sich hier die landwirtschaftliche Anbauweise nach der Wende stark änderte. In den alten Bundesländern sind die Rückgangsursachen im Grunde dieselben, auch wenn die Änderungen der Agrarlandschaft nicht so augenfällig sein mögen. 

Die wichtigsten Gefährdungsfaktoren sind:

  • Intensive Landnutzung auf großer Fläche und mangelnde Vielfalt der Anbaukulturen, z.B. verstärkter Rapsanbau
  • Pestizid- und Düngereinsatz
  • Entfernen von Strukturelementen wie Hecken, Sträuchern und Bäumen und damit verbunden der Rückgang der Beutetiere, z.B. des Feldhamsters
  • Illegale Verfolgung und Vergiftung
  • Tod durch Stromschlag


Schutzmaßnahmen
Für den Rotmilan ist die beste Lebensversicherung eine abwechslungsreiche, vielfältige Kulturlandschaft, wie sie vom LBV seit Jahren gefordert wird. Angesichts der Überproduktion, der kaum noch finanzierbaren Subventionen, der dramatischen Situation am Arbeitsmarkt und der Umweltbelastungen ist eine Extensivierung der Landwirtschaft im weitesten Sinne auf der ganzen Fläche dringend notwendig.

Dies bedeutet im einzelnen:

  • die Erhaltung traditioneller Bewirtschaftungsformen, beispielsweise der extensiven Weidewirtschaft
  • die Förderung des ökologischen Landbaus
  • die Reduktion von Pestizid- und Düngereinsatz
  • den Verzicht auf Entwässerungen
  • die Schaffung von Übergangszonen zwischen Agrarflächen und Wald.
  • die Erhaltung von Landschaftsstrukturen wie Baumreihen, Feldgehölzen und Einzelbäumen
  • den Erhalt von Horstbäumen
  • die Vermeidung von Störungen zur Brutzeit
  • Sicherung der Hoch- und Mittelspannungs-Freileitungen

Eine naturverträgliche Bewirtschaftung läßt sich natürlich nur mit politischen Rahmenbedingungen und Anreizen für die Landwirte sowie fairen Preisen für ökologisch produzierte Lebensmittel verwirklichen.

Jeder Einzelne kann zum Schutz der Vögel unserer Kulturlandschaft beitragen, indem er beim täglichen Einkauf seinen Beitrag zur naturverträglichen Landwirtschaft leistet und ökologisch erzeugte Lebensmittel bevorzugt. So wird die Erhaltung und Wiederherstellung einer reich strukturierten Feldflur gefördert. Davon profitiert nicht nur der Rotmilan, sondern wir alle - durch Artenvielfalt und gesunde Lebensmittel.

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